Herstellung einer Fanfare

Kurze Werkstoff- und Konstruktionskunde
von Blechblasinstrumenten


Einleitung

Die Idee zu diesem Artikel wurde an einem durchzechten Abend von R.H. und meiner Wenigkeit im Jahre 2006 geboren. Nun habe ich endlich auf den Inder gehört und mich hinter mein CAD-Programm geklemmt. Dieser Artikel ist denjenigen Mitgliedern des MZW Wolfersberg gewidmet, für welche die Provenienz des Stromes nicht die Steckdose und die Herkunft der Fanfare nicht der Musikalienhändler ist. Instrumentenbau ist Knochenarbeit.



1. Werkstoffe

Der wichtigste Werkstoff im Blechblasinstrumentenbau ist Messing. Dies ist eine Legierung aus 55-75% Kupfer (Cu) und 25-45% Zink (Zn) [1 | 6]. Die Eigenschaften des Messings hängen wesentlich vom Verhältnis Zn/Cu ab. Dies zeigt sich sowohl an der Farbe als auch an der Verformbarkeit der Legierung. Generell gilt:

Je höher der Cu-Anteil, desto röter und duktiler ist die Legierung, je höher der Zn-Anteil, desto gelber und spröder ist die Legierung. Bei sehr hohen Zn-Anteilen im Messing können die Zn-Kristalle sichtbar werden (vergleiche sichtbare Zn-Kristalle an den Stangen vieler Verkehrszeichen im öffentlichen Raum und Bild 1).

Messing wird für die Konstruktion der Rohre und des Schallbechers verwendet.

Ein weiterer wichtiger Werkstoff im Blechblasinstrumentenbau ist Neusilber. Dies ist eine Legierung aus 50-70% Cu, 20-40%Zn und 15-25% Ni (Nickel) [1 | 8]. Neusilber ist aufgrund seiner Ni-Gehaltes wesentlich härter als Messing und gelangt beim Verbau von Verbindungen am Instrument (etwa Stützen, Verstrebungen, Möglichkeiten zur Haltung des Instrumentes) zur Verwendung und hat eine matt-silbrige Oberfläche. Ein wichtiger Einsatzbereich von Neusilber ist die Innenauskleidung des vorderen Mundrohres im Verreibungsbereich des Mundstücks.



Bild 1: 2 Messingvarietäten und eine Rohrverbindung aus Neusilber an einem Wiener Horn
der Ersten Wiener Productiv-Genossenschaft, ca. 1920/1980.

In Bild 1 sind die beiden eben besprochenen Werkstoffe Messing und Neusilber nebeneinander sichtbar. Das Messing liegt in zwei Ausprägungen vor. Links eine rötliche kupferreiche Variante (ca. 1920), rechts der mittigen Neusilberverbindung der um 1980 angelötete gelbliche zinkreiche Ansatz des Schallbechers. Bei genauem Hinsehen erkennt man am rechten Messingrohr einzelne Zn-Kristalle.

Weitere Metalle, welche im Zuge der Konstruktion von Blechblasinstrumenten zum Einsatz kommen, sind Sn (Zinn, vor allem für Lötverbindungen), Pb (Blei, Rohrfüllung während der Verformung), Ag (Silber) und Au (Gold). Letztere werden für die galvanische Veredelung von Mundstücken (Coatings mit einer Schichtdicke von wenigen µm) eingesetzt.



2. Teile der Fanfare

Das Mundrohr ist ein zylindrisches Messingrohr mit Neusilberauskleidung von wenigen Dezimetern Länge. Die verformungssichere Neusilberauskleidung schützt das vordere Mundrohr vor Verformung beim Verreiben des Mundstückes.

An das Mundrohr anschließend findet sich das konisch ausgeführte Hauptrohr aus Messing, welches mittels einer Lötstelle (meist ein Neusilberring) mit dem Mundrohr verbunden ist. Qualitätskriterien des Hauptrohres sind dessen gleichmäßige Konizität, gleichmäßige Wandstärke und der Gehalt an Cu im Messing. Je höher der Kupfergehalt, desto teurer das Rohr. Die Rohre kommen entweder konisch vorgefertigt oder zylindisch zum Instrumentenbauer. Im letzteren Fall müssen die zylindrischen Rohre unter Erhitzung über eine konische Matritze (Form) gebracht werden. Am Ende des Hauptrohres wird der Schallbecher aus Messing befestigt. Am äußeren Ende des Schallbechers kann - je nach Anforderung des Spielers - ein ca. 2-4cm breiter Neusilberkranz angebracht werden, welcher das Klirren des Instrumentes bei ff-Spiel kaschiert und somit zur Klangkultur beitragen kann.



3. Konstruktion

Ausführung des Schallbechers:

Bild 2: Ausschneiden des Schallbechers und Biegen des Bleches um Eisenform

Das Material für den Schallbecher wird mittels Blechschere aus einer dünnen Messingplatte ausgeschnitten. (Arbeitsschritt 1 in Bild 2). Die Blechkanten des Schallrohres werden zur stabilen Verlötung mit einer Blechschere zackig geschnitten (Detailansicht in Bild 4).

Das flache Formblech wird nun um eine Form aus massivem Metall gebogen, die aussieht wie ein fertiger Schallbecher (Arbeitsschritt 2 in Bild, blauer Pfeil). Das Ergebnis des Zusammenbiegens ist in Bild 3 zu sehen.



Bild 3: Zusammengebogene Rohform des Schallbechers

Nun sind die beiden zackig geschnitten Schallbecherkanten (grüne Linie in Bild 4) über der Metallform zu verhämmern und zu verlöten.



Bild 4: Verhämmern und Verlöten des Schallbechers über der Metallform.

Außen und innen am Schallbecher sind in diesem Zustand die zackig verlaufenden Lötstellen gut zu erkennen (siehe grüne Naht in Bild 5).



Bild 5: Löt- und Verhämmerungsstellen an einem Wienerhorn-Schallbecher von Robert Engel, Wien, ca. 1980.

In einem weiteren Schritt kann der optionale Neusilberkranz (vgl. Bild 6) an das äußere Ende des Schallbechers angelötet werden.



Bild 6: Anlötung eines Neusilberkranzes zur Schallspitzendämmung.


4. Zusammensetzung des Instrumentes:

Nach Fertigstellung von Schallbecher, Haupt- und Mundrohr muß das Hauptrohr gekröpft werden - es sei denn, man bevorzugt lange und gerade Aida - Fanfaren.

Das Biegen eines Rohres ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dies sind große Hitze und Widerstand gegen Abknicken im Rohrinneren. Um Knicken zu verhindern und eine gleichmäßige Kröpfung zu gewährleisten, füllt der Instrumentenbauer das Hauptrohr mit einer Metalllegierung niedrigen Schmelzpunktes. Blei dürfte in dieser Legierung, deren Bestandteile und Mischungsverhältnis kein Meister verrät, eine der Hauptkomponenten sein. Die Legierung wird erhitzt und in das unten verschlossene Hauptrohr eingeleitet. Nach Erstarrung der Legierung wird über der Flamme eines Bunsenbrenners die gewünschte Kröpfung (bei einer Fanfare 2 Biegungen des Rohres um 180°) hergestellt. Die derart hergestellten U-förmigen Rohrführungen werden mittels anzulötenden Stützen aus Neusilber stabilisiert und das Hauptrohr erneut erhitzt, um die Verformungslegierung aus dem Rohr zu entfernen. [2]

Nach Abschluß der Kröpfung werden die drei Instrumententeile Mundrohr, Hauptrohr und Schallbecher zusammengelötet und das Instrument je nach Geschmack des Käufers oberflächenbehandelt (Klarlack | Versilbern | Vergolden). Das Instrument kann probegespielt werden.

 

Markus Mráz, 11/2008

 

Quellen: [1] HORN, H.A. (1928): Die Schweißung des Kupfer und seiner Legierungen Messing und Bronze. 1. Auflage, Verlag von Julius Springer; Berlin. 102S
[2] Persönliche Erfahrung im Zuge eines Schnuppertages bei einem Instrumentenbauer, 1997